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Editorial zum Thema Liebe

EDITORIAL

In dieser Ausgabe geht es um die Liebe.

Einigen meiner Autoren und Autorinnen ging es wie mir. Puh, was für ein Thema!

Natürlich dreht sich in erster Linie alles um die partnerschaftliche Liebe. Aber geht es denn bei der Liebe nicht um viel mehr? Sie hat so viele Schichten und Facetten, spiegelt sich in jedem Menschen und in der Natur.

Ich habe den Verstand ausgeschaltet, mein Herz aufgemacht und einmal tief in mich hineingefühlt, was ich denn zu diesem Thema zu sagen habe. Denn mir ist gerade in den letzten Wochen klar geworden, wie wichtig es ist, in der Liebe zu sein. 

Am ehesten erlebte ich den liebevollen Umgang, die Wahrhaftigkeit, intensive Nähe und Ehrlichkeit in der Begleitung von Sterbenden. Dort spürte ich die pure Liebe. Deshalb bin ich so dankbar dafür, dass ich in den letzten eineinhalb Jahren die Gelegenheit hatte, meine Mutter und eine gute Freundin zu begleiten. Sie haben mir neue Dimensionen von Nähe, Vertrauen und der Liebe beschert. In diesem Jahr warteten noch mehr Abschiede auf mich. Mein geliebtes Pferd Cupido musste ich im Sommer gehen lassen, im September verabschiedete sich mein Lebensgefährte aus unserer Partnerschaft und jetzt liegt mein kleiner geliebter Hund Hannes unter meinem Schreibtisch und hat seinen Übergang in absehbarer Zeit angekündigt. Wie ich es aushalte? Das weiß ich auch nicht, es geht nur durch die Liebe im Herzen. Hannes, mit seinem großen Herzen voller Liebe, zeigt mir, was bedingungslose Liebe ist. Und diese Liebe möchte ich leben können. Die Form der „Liebe“, gelebt durch Begehren und der Erfüllung von Bedürfnissen sowie Win-Win-Gemeinschaften o. ä. führen mich nicht in die Freiheit und Glückseligkeit, die mir die bedingungslose Liebe beschert.

Immer wenn die Angst vor dem Verlust mich überkommt, die Trauer mich ins Bodenlose ziehen könnte, dann öffne ich mein Herz, wie der kleine Hannes es sein ganzes Leben lang für mich getan hat, und ich spüre dieses warme, weiche und weite Gefühl im Herzen. Geborgenheit, Sicherheit, Erfüllung und unendliches Glück breitet sich aus. Dann fühle ich die Verbindung zum Göttlichen in mir.

Ich kann nur immer wieder sagen:

DANKE an das Leben. DANKE an die Menschen die mir Nahe stehen. DANKE an meine großartigen Freunde, die mich mit Verständnis und Liebe begleiten. DANKE an die Menschen, an denen ich wachsen darf. DANKE an die Wesenheiten, die mich auffangen und mir den Weg zeigen. DANKE an die Lebewesen, die mich ihr ganzes Leben lang ausgehalten, begleitet und geliebt haben. DANKE an alle Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben. DANKE an alle, die lieben.

Seit acht Jahren hängt in meinem Wohnzimmer ein Text von den Katharern aus Südfrankreich von 1148.

Die Kirche der Liebe

Sie existiert in keiner festen Form, sondern nur durch gegenseitige Übereinstimmung von Menschen.

Sie hat keine Mitglieder außer jenen, die sich dazugehörig fühlen.

Sie hat keine Konkurrenten, denn sie nährt nicht den Geist der Rivalität.

Sie kennt keinen Ehrgeiz, denn sie möchte nur dienen.

Sie hat keine nationalen Grenzen, denn die Liebe hält sich nicht daran.

Sie schließt sich nach außen nicht ab, sondern versucht, alle Gruppen und Religionen zu bereichern.

Sie achtet alle großen Lehrer aller Zeiten, die uns die Wahrheit der Liebe enthüllt haben.

Alle, die dazu gehören praktizieren die Wahrhaftigkeit der Liebe mit ihrem ganzen Wesen.

Diejenigen die dazugehören, wissen das.

Sie versucht nicht andere zu belehren, sondern versucht, zu sein und im so sein zu geben.

Sie lebt in dem Bewußtsein, dass die gesamte Erde ein lebendiges Bewusstsein ist, von dem wir ein Teil sind.

Sie weiß, dass die Zeit der letzten Wiederkehr gekommen ist, das ist der Weg des Zurücktretens des Selbstes und der freiwilligen Rückkehr zur Einheit.

Sie macht sich nicht durch laute Worte bekannt, sondern wirkt im freien Feld des Seins.

Sie ehrt alle, die den Weg der Liebe erleuchten, und ihr Leben dafür geopfert haben.

Sie schafft keine Rangstufen in ihrer Mitte und erhöht niemanden, denn der eine ist nicht größer als der andere.

Sie verspricht weder in diesem noch in einem anderen Leben eine Belohnung, außer der Freude, des in dieser Liebe seins.

Ihre Mitglieder erkennen sich an ihrem Auftreten, ihrer Art des Seins, dem Blick ihrer Augen; und keiner anderen Handlung als der Umarmung als Bruder und Schwester.

Sie kennt weder Furcht noch Schande und ihr Zeuge steht immer wahrhaftig zu ihnen – in guten wie in schlechten Zeiten.

Die Kirche der Liebe hat kein Geheimnis, sie hat kein Mysterium oder eine Initiation, außer dem tiefen Wissen über die Macht der Liebe, denn die Welt muss sich wandeln, wenn wir als Menschen dies wünschen – aber nur, wenn wir uns zuvor verwandelt haben.

Alle die Fühlen, dass sie zu ihr gehören, gehören dazu. Sie gehören zur Kirche der Liebe.

Mit diesem Text ist für mich über die Liebe alles gesagt. 

Habt eine schöne Winterzeit.

Ich verbleibe in liebevoller Verbundenheit

eure Dagmar Längert